Freitag, 16. November 2012

Buchmesse 2012 – Speed Meeting


Da flatterte mir im September einfach mal so die Einladung zum Speed Meeting der Verlage der Zukunft ins Postfach. Nach dem ersten Ohnmachtsanfall folgt das erste und nicht letzte Durchatmen. Ist das Speed Meeting wirklich eine Chance oder nur belangloser Small Talk mit wichtigen, sehr wichtigen Menschen der Buchbranche? Mit welcher Einstellung betritt man überhaupt am besten das Schlachthaus? Diese Frage geisterte mir im Kopf herum, seitdem diese eine E-Mail in meinem Postfach landete. Und danach die Mail mit den detaillierten Anweisungen. Dann die Mail mit der Rücksicherung, ob man wirklich Zeit hätte und wirklich zum Speed Meeting käme. Die Verlage der Zukunft meinten es todernst und organisierten das ungewöhnliche Event perfekt. Acht Minuten Zeit hatte ich, um zehn bedeutende Verleger niederzustarren. Wie fängt man das Gespräch an? Langweilen sich die Abteilungsleiter, Geschäftsführer und Personaler nicht nach dem vierten Lebenslauf? Wie bleibt man geschickt im Gedächtnis, ohne sich allzu sehr anzubiedern? Ich brauchte zunächst die richtige Einstellung.




Wie findet man die richtige Einstellung? Mein erster Versuch lautete Verdrängung und Ignorieren. Funktionierte aber nicht. In meinem Kopf setzten sich die grauen Herren in Anzügen fest.
Es folgte der zweite Versuch: Bilanz ziehen Was habe ich erreicht, warum nahm ich teil und was erhoffte ich mir von der Teilnahme? Da ich kurz vor meinem Abschluss an der Uni stand, hoffte ich auf interessante Kontakte für die Bewerbungszeit. Da meine Wunschausbildung sich in den Verlagshäusern noch nicht etabliert hat, fand ich sofort eine Reservefrage für Notfälle, wenn das Gespräch ins Stocken kam: In welcher Abteilung ist bei Ihnen Social Media- oder Online-Marketing angegliedert? Nicht zuletzt plante ich eine Minute ein, um ein Projekt vorzustellen, an dem ich derzeit arbeite.
Mein dritter Versuch sollte mit Sicherheit geben – mit einer guten Vorbereitung. Zu dieser Prozedur gehörte nicht nur das Drucken von neuen Visitenkarten, sondern auch die Sichtung der teilnehmenden Unternehmer. Wer waren sie? Woher kamen sie? Was machte das Unternehmen? Hier bereitete ich mich sehr kurzfristig vor, denn als Agenturkind kannte ich den Großteil der Verlage bereits und hatte mit vielen persönlich Kontakt gesammelt. Das beruhigte mich ein wenig. Trotzdem: Es blieben wichtige Geschäftsführer / Personaler / Abteilungsleiter. Was nun? Noch immer hatte ich nicht die richtige Einstellung, also folgte mein letzter Versuch: Optimismus! Irgendwann wurde mir klar, dass ich nicht in die Rolle des Bittstellers schlüpfen wollte. Ich setzte die Messlatte für das Speed Meeting ein wenig geringer an. Anstatt sich auf jede Andeutung von Interesse zu stürzen, wollte ich neugierig und offen auf die Personen sein, die mir gegenüber saßen. Wer waren sie wirklich? Ich wollte lediglich Kontakte knüpfen, interessante und spannende Menschen kennen lernen – ohne irgendwelche Hintergedanken. Letztendlich saß ich am längeren Hebel: Die Verleger wollten mich kennen lernen. Wenn ich sie nicht sympathisch fand, strich ich sie eben aus meiner inneren Liste potenzieller Arbeitgeber. Schließlich gibt es genug Verlage und andere Unternehmen in der Buchbranche. Ich kehrte den Spieß um: Nicht ich war auf sie angewiesen, sondern sie auf mich. Dieser Optimismus beruhige mein Bauchgrummeln etwas.



Ich erlebte beim Speed Meeting letztendlich einen wunderbaren Vormittag. Mit Tino Uhlemann, dem Verkaufs- und Vertriebsleiter vom Piper Verlag, fing meine Runde an und wir kamen sehr schön ins Gespräch, ebenso mit Till Weitendorf, dem Geschäftsführer des Oetinger Verlags. Ins Plaudern kam ich mit Tom Erben, dem Geschäftsführer vom Aufbau Verlag, für den wir mafiosige Marketingaktionen umgesetzt hatten. Mit Sabine Dörrich, Leiterin der gleichnamigen Personalagentur, debattierte ich über mein Projekt und über die Gestaltung meines Lebenslaufs. Ich konnte sehr viel von ihr mitnehmen und lernen. Mit Ida Roet de Campos, der Personalerin von GU, schwärmte ich abwechselnd über die Vorzüge der Städte Frankfurt und München. Klaus Kluge, den Geschäftsführer von Bastei Lübbe, begrüßte ich wie einen alten Freund: »Auf Sie habe ich mich schon besonders gefreut!« Der Grund für meine Euphorie waren mehrere Projekte, die ich in meiner Firma seit einem Jahr für Bastei Lübbe betreue und organisiere. Ebenso unvermittelt wie meine Worte kam von ihm zum Schluss ein Stellenangebot. »Da müsste ich ja lernen, statt Fassenacht Karneval zu sagen. Interessant!«, war meine Erwiderung darauf.

Würde ich noch einmal teilnehmen? Auf alle Fälle. Niemals wieder haben Berufseinsteiger die Gelegenheit, so offen mit wichtigen Persönlichkeiten der Buchbranche zu reden. Das Speed Meeting ist ein Muss für alle Berufseinsteiger – eben weil es in unserer Branche viel zu wenige Recruiting-Veranstaltungen gibt. Das wird sich bald hoffentlich ändern.

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